Neue Dimensionen und mutige Weichenstellungen: ALPLA 1985-1991
Teil vier der Serie 70 Jahre ALPLA: Mitten in den 1980er-Jahren tritt ALPLA in eine Phase ein, die in vielerlei Hinsicht richtungsweisend werden sollte. Die Jahre 1985 bis 1991 sind geprägt von technologischen Sprüngen, mutiger Expansion, neuen Märkten und einer gesellschaftlichen Dynamik, die das Unternehmen nachhaltig prägt.
Der ALPLA-Betrieb in Lübeck liegt an der Trave, etwa 20 Kilometer von der Mündung in die Ostsee entfernt.
Erstes In-House-Werk in Italien
Das Jahr 1985 markiert für ALPLA einen wichtigen strategischen Schritt: In Lomazzo entsteht das erste In-House-Werk für Henkel. Die Entscheidung, direkt beim Kunden zu produzieren, verändert die Zusammenarbeit nachhaltig. Abstimmungen erfolgen nun täglich und ohne Umwege, Lieferzeiten verkürzen sich drastisch, und technische Anpassungen können unmittelbar umgesetzt werden. Für die Kunden entsteht ein neues Maß an Flexibilität und Verlässlichkeit, für ALPLA ein tieferes Verständnis der Bedürfnisse und Prozesse vor Ort. Der Erfolg dieses Standorts bestätigt rasch den Mehrwert des Modells und bildet den Auftakt zu einer Phase, in der ALPLA seine internationale Präsenz nicht nur erweitert, sondern auch stärker an den Standorten seiner Kunden ausrichtet.
Für Henkel richtet ALPLA das erste In-House-Werk in seiner Geschichte ein.
Der Schritt ins digitale Zeitalter
Mitte der 1980er-Jahre beginnt bei ALPLA eine technische Modernisierung, die die Arbeit in Konstruktion und Produktion spürbar verändert. 1987 entsteht im Werk Steinabrückl ein eigener Computerraum, und die Konstrukteure wechseln vom Reißbrett zur 3D-CAD-Technik. Die Entwicklungszeiten verkürzen sich deutlich und komplexere Formen lassen sich präziser realisieren. Kurz darauf folgt die Einführung von CAM-Systemen, die Konstruktionsdaten direkt an moderne CNC-Fräsmaschinen übertragen. Dieser technologische Fortschritt verschafft ALPLA einen klaren Vorsprung, der die Entwicklung der folgenden Jahre wesentlich prägt.
Die nächste Führungsgeneration
Parallel dazu eröffnet sich für ALPLA eine außergewöhnliche Chance im deutschen Markt. Die Schmalbach-Gruppe, ein direkter Konkurrent mit starken Verbindungen in die Konsumgüterbranche und zu großen Marken wie Beiersdorf, entscheidet sich, ihre Kunststoffsparte abzugeben, um sich vollständig auf die Dosenproduktion zu konzentrieren. Für ALPLA ist dieser Schritt hochattraktiv: Die Übernahme des Betriebs in Lübeck verschafft dem Unternehmen unmittelbaren Zugang zu namhaften Kundinnen und Kunden und stärkt die Position im strategisch wichtigen deutschen Markt erheblich.
1987 übernimmt Günther Lehner die Betriebsleitung des Werks in Lübeck. Dort steht er vor der Aufgabe, den gesamten Maschinenpark zu erneuern – ein Kraftakt, der innerhalb eines Jahres gelingt und internationale Kunden wie Colgate, Unilever oder Beiersdorf nachhaltig überzeugt. „Mit der Übernahme von Schmalbach-Lubeca haben wir in Europa einen Sprung nach vorne gemacht“, ist Günther Lehner rückblickend überzeugt.
Im selben Jahr beginnt auch Georg Früh nach seinem betriebswirtschaftlichen Studium und drei Jahren in der Vorarlberger Industrie im Werk Markdorf. Unter der engen Zusammenarbeit mit Helmut Scheffknecht lernt er das Unternehmen umfassend kennen und übernimmt schon bald wichtige kaufmännische Aufgaben. Eine seiner prägendsten Leistungen dieser Zeit ist die Einführung eines einheitlichen, modernen Rechnungswesens für den gesamten Konzern.
Neues Technical Center
Der technologische Fortschritt und steigender Platzbedarf führen 1988 zur Eröffnung des neuen Technical Centers in der Mockenstraße in Hard, nur unweit vom Stammsitz in der Lobachstraße. Der Komplex umfasst ein modernes Bürogebäude und eine 4.300 Quadratmeter große Halle für Werkzeugbau, Sondermaschinenbau und Anlagenbau.
Erstmals arbeiten alle zentralen technischen Bereiche an einem Standort zusammen. Abläufe werden schneller, Abstimmungen direkter, Reparaturen und Entwicklungen greifen besser ineinander. Das Technical Center wird zu einem sichtbaren Zeichen für den Innovationsanspruch des Unternehmens.
Ein wichtiger Schritt für ALPLA: der Bau des Technical Centers 1988.
Politischer Umbruch und neue Märkte
Während sich ALPLA technologisch neu aufstellt, verändert sich auch das geopolitische Umfeld dramatisch. Der Fall der Berliner Mauer im November 1989 und die Auflösung des Ostblocks eröffnen neue wirtschaftliche Perspektiven. Mitarbeitende in Lübeck, nur wenige Kilometer von der ehemaligen Grenze entfernt, erleben die historischen Ereignisse hautnah. Auch das Werk Steinabrückl liegt in unmittelbarer Nähe zu Ungarn, das sich rasch öffnet und wirtschaftlich neu orientiert.
Aus dieser Dynamik entsteht eine entscheidende Chance: Der Markteintritt in Osteuropa. Bereits 1990 nimmt ALPLA in Tatabánya, Ungarn, die Produktion auf, und das gleich in einem technologisch bedeutenden Bereich. Hier entstehen die ersten PET-Getränkeflaschen für Coca-Cola, zu einem Zeitpunkt, an dem die PET-Technologie gerade dabei ist, den Getränkemarkt zu erobern. Von Ungarn aus entwickelt sich in den folgenden Jahren ein wachsendes Netzwerk weiterer Standorte in Polen und Tschechien.
Erster Schritt nach Mexiko
Fast parallel zu den Entwicklungen in Europa öffnet sich eine weitere Tür auf einem anderen Kontinent. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Johnson Wax in Venezuela führt dazu, dass ALPLA Anfang der 1990er-Jahre erstmals den mexikanischen Markt sondiert. Die Einschätzung ist schnell klar: Hier liegt enormes Potenzial.
1990 entsteht das erste Werk auf mexikanischem Boden in Toluca, unweit des Flughafens. Es ist der 22. ALPLA-Betrieb und zugleich der dritte Standort in Übersee. Mit diesem Schritt baut das Unternehmen seine Präsenz auf dem amerikanischen Kontinent gezielt aus und legt ein Fundament für zukünftiges Wachstum in Nord- und Mittelamerika.
Das erste ALPLA-Werk auf mexikanischem Boden in Toluca.
Umweltbewusstsein und neue Materialien
Parallel zu den internationalen Veränderungen gewinnt das Thema Umwelt an Bedeutung. Waldsterben, Smog und Energiekrisen rücken ökologische Fragen stärker ins öffentliche Bewusstsein und ALPLA reagiert früh. In allen europäischen Werken werden Wärmerückgewinnungssysteme installiert, die den Energiebedarf deutlich senken. Gleichzeitig setzt das Unternehmen auf neue Werkstoffe und weiterentwickelte Technologien. Die Zweischichtflasche für NIVEA aus dem Jahr 1988 wird ein Erfolg, und 1990 folgt eine besonders innovative 1000-Milliliter-Mehrschichtflasche für den Weichspüler Lenor. Das Besondere daran ist, dass sie zu 25 Prozent aus recyceltem Material hergestellt wird und damit den Weg für weitere Entwicklungen in diesem Bereich ebnet.
So endet eine Phase, in der ALPLA technologisch, organisatorisch und geografisch neue Dimensionen erreicht und den Weg für die weltweite Entwicklung der 1990er-Jahre bereitet.
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