29. März 2022

Recyclingfähigkeit ist die Voraussetzung für Kreislauffähigkeit

Fabrizio Di Gregorio ist technischer Direktor bei Plastics Recyclers Europe. Die Organisation mit Sitz in Brüssel vertritt die Interessen der Unternehmen aus der Kunststoff-Recycling-Branche in Europa. Im Interview mit ALPLA spricht er vor allem über die Initiative RecyClass, in der darauf hingearbeitet wird, bereits in der Produktion von Kunststoffverpackungen die Kreislauffähigkeit zu gewährleisten.

Interview Fabrizio Di Gregorio

Herr Di Gregorio, Sie sind technischer Direktor bei Plastic Recyclers Europe. Können Sie uns die Hauptziele Ihrer Organisation und der Initiative RecyClass erläutern?

RecyClass ist eine umfassende, branchenübergreifende Initiative, die daran arbeitet, die Wiederverwertbarkeit von Kunststoffverpackungen zu verbessern und die Einführung eines harmonisierten Ansatzes zur Berechnung des Recyclinganteils in Europa voranzutreiben. Die Vision ist, Kunststoffverpackungen und letztendlich alle Kunststoffe kreislauffähig zu machen, indem sie recycelbar werden, sowie die transparente Verwendung von recyceltem Material in neuen Produkten im Einklang mit der Kreislaufwirtschaft zu fördern.

Durch die Beratung und Unterstützung von Marken und der Industrie auf ihrem Weg zur Nachhaltigkeit bringt RecyClass sie der vollständigen Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe einen Schritt näher. Möglich ist dies dank der faktenbasierten Zertifizierung und Kennzeichnung, die RecyClass entwickelt hat. Diese umfasst Lösungen für die Bewertung der Recyclingfähigkeit auf Grundlage von Design-for-Recycling-Richtlinien und des Rezyklatgehalts.

 

"Das Produkt- bzw. das Verpackungsdesign sollte darauf abzielen, ein Gleichgewicht zwischen Haltbarkeit, Verwendbarkeit und Recyclingfähigkeit herzustellen."

 

Was sind die größten Herausforderungen bei der Gewährleistung der Kreislauffähigkeit von Kunststoffen?

Wenn es darum geht, Kunststoffe kreislauffähig zu machen, besteht eine der ersten Herausforderungen darin, sie einfach recycelbar zu machen. Heutzutage werden bei der Herstellung von Kunststoffen viel zu viele untrennbare Polymere, überflüssige Zusatzstoffe oder gemischte Materialien verwendet. Materialien, die mit dem Recycling nicht kompatibel sind, behindern die effektive Wiederaufbereitung zu hochwertigen Rohstoffen, da sich ihre Eigenschaften verschlechtern.

Das Produkt- bzw. das Verpackungsdesign sollte darauf abzielen, ein Gleichgewicht zwischen Haltbarkeit, Verwendbarkeit und Recyclingfähigkeit herzustellen. Alle neuen Produkte, die auf den Markt gebracht werden, müssen vollständig mit den Recyclingtechnologien kompatibel sein, wenn wir uns in Richtung einer echten Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe bewegen wollen.

Der Ruf von Kunststoffen ist aktuell angeschlagen. Was kann gegen diese öffentliche Meinung getan werden?

Es bedarf eines doppelten Ansatzes, um die Imagekrise von Kunststoff zu bewältigen. Einerseits brauchen wir eine besser koordinierte Zusammenarbeit, Kommunikation und echte Aktionen der Wertschöpfungskette und der Industrie, um den Status quo bei der Sammlung, Sortierung und Herstellung von Kunststoffen wirksam zu ändern. Andererseits sind wir, die Akteure dieser Wertschöpfungskette, verpflichtet, positive Botschaften auszusenden und zu zeigen, dass die Industrie sich dazu verpflichtet hat, dieses Material nachhaltig zu machen. Zudem gilt es zu demonstrieren, dass Kunststoffe die wirkliche Lösung für den Schutz von Lebensmitteln sind und dass leichte Verpackungen beispielsweise der Umwelt zugutekommen, indem sie die Treibhausgasemissionen reduzieren. Dieser Ansatz muss jedoch auf die verschiedenen Sektoren und Anwendungen übertragen werden, um wirksam zu sein. Ein zentrales Element beim Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft ist natürlich das Kunststoffrecycling.

Welche Rolle spielt Design for Recycling bei der Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe?

Heute müssen wir mehr denn je sicherstellen, dass Kunststoffe nachhaltig produziert und am Ende ihres Lebenszyklus ordnungsgemäß entsorgt werden. Glücklicherweise gibt es neue Initiativen und Instrumente, die der Industrie helfen, Fortschritte zu machen. Die von RecyClass entwickelten Richtlinien für Design for Recycling sind nur eines der Beispiele. Sie geben Aufschluss darüber, wie die verschiedenen Komponenten einer Verpackung beschaffen sein müssen, damit sie für das Recycling geeignet sind. Sie berücksichtigen Komponenten wie Verschlüsse, Etiketten, Zusatzstoffe und ihr Verhalten in einem bestimmten Recyclingstrom. Was die von RecyClass entwickelten Leitlinien von anderen Systemen unterscheidet, ist, dass sie auf den wissenschaftlich ausgearbeiteten Design-for-Recycling-Richtlinien für die gängigsten Kunststoffverpackungen beruhen, egal ob es sich um flexible oder starre Verpackungen handelt, die für den Kontakt mit Lebensmitteln oder Nichtlebensmitteln bestimmt sind.

Die RecyClass-Methode zur Bewertung der Wiederverwertbarkeit fördert hohe Standards, die für die Verbesserung der Qualität von Abfällen entscheidend sind, um letztendlich den Kreislauf zu schließen. Die Richtlinien sind auch ein unverzichtbares Element des kostenlosen Online-Tools zur Selbstbewertung der Recyclingfähigkeit, das von RecyClass angeboten wird.

 

"Heute müssen wir mehr denn je sicherstellen, dass Kunststoffe nachhaltig produziert und am Ende ihres Lebenszyklus ordnungsgemäß entsorgt werden." 

 

Welche Rolle können Unternehmen bei Entwicklungen spielen, die sich auf die Produktion von Kunststoffverpackungen UND das Kunststoffrecycling konzentrieren, wie es ALPLA macht?

Es gibt keine Zukunft für Kunststoffe ohne Kunststoffrecycling. Die Kunststoffindustrie muss daher die Art und Weise, wie Kunststoffe heute konzipiert werden, ändern, indem sie wissenschaftlich fundierte Instrumente einsetzt, deren Ziel es ist, die höchste Qualität des Materials am Ende seiner Lebensdauer zu erhalten. Dies bedeutet, dass alle innovativen Verpackungen getestet werden müssen, bevor sie auf den Markt gebracht werden. Die Förderung von Innovationen bei gleichzeitiger Gewährleistung der Kompatibilität mit dem Recycling ist unerlässlich für den Aufbau einer zuverlässigen Kreislaufwirtschaft, in der recycelter Kunststoff für dieselben Anwendungen wie Primärkunststoff verwendet wird – das ist die Zukunft der Industrie.

Die Zusammenarbeit und das Engagement der Industrie und der politischen Entscheidungsträger sind der Schlüssel, um beispielsweise einen gemeinsamen Ansatz für die Recyclingfähigkeit zu unterstützen. Darüber hinaus spielt die Beteiligung der Interessengruppen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, die wissenschaftlichen Beweise hinter diesen Richtlinien und Protokollen zu validieren und verschiedene Behauptungen bezüglich der Wiederverwertbarkeit zu bestätigen.

Was meinen Sie, wann werden Kunststoffverpackungen in Europa und wann weltweit die Kreislaufwirtschaft erreichen?

Mit dem neuen Rechtsrahmen ebnet die EU den Weg für die Kreislaufwirtschaft bei Kunststoffverpackungen. Mit dem Ziel der Europäischen Kommission, bis 2030 alle Kunststoffe recycelbar und wiederverwendbar zu machen, streben die Unternehmen den Übergang von einer linearen zu einer Kreislaufwirtschaft an, was die Zahl der Umweltangaben auf Kunststoffverpackungen erhöht. Um dieses Ziel zu erreichen, ist jedoch eine einheitliche Umsetzung der etablierten Richtlinien und Grundsätze für das Design für Recycling in der gesamten Kunststoffverpackungsindustrie entscheidend. Recyclinggerechtes Design ist nur das erste Ziel. Parallel dazu müssen die Industrie und die Entscheidungsträger weiter an der Verbesserung der Sammelquoten und der Sammelinfrastruktur arbeiten und gleichzeitig die Sortierung für eine höhere Ausbeute und bessere Qualität vorantreiben. Dies ist eine der Maßnahmen, die drastisch verbessert werden müssen.

Die Verbraucher sind bereit, zu recyceln. Sie suchen nach Produkten mit einem geringeren ökologischen Fußabdruck. Hier müssen die Entscheidungsträger und die Akteure der Branche daran arbeiten, dieses Ziel zu erreichen. Denn die Umstellung auf kreislauffähige Kunststoffprodukte erfordert Transparenz und Vertrauen.

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