Aus alt mach neu
Geschichte der Verpackung - Teil 4
Die Geschichte des Recyclings ist so alt wie jene der Verpackung selbst. Allerdings hat seine Bedeutung mit dem Wachstum der Bevölkerung, und des Wohlstands sowie der Bedrohung der natürlichen Ressourcen rasant zugenommen. Heute stehen wir vor der Herausforderung, uns weiter von der Wegwerf- zur Kreislaufgesellschaft zu entwickeln.
Historisch gesehen waren Wirtschaftlichkeit und Mangel die wesentlichen Treiber für Recycling. Metalle und Glas wurden schon in der Antike gesammelt, eingeschmolzen und umgearbeitet. Dies belegt etwa eine Forschungsarbeit österreichischer WissenschaftlerInnen im Mittelmeerraum. Die Motivation war eine wirtschaftliche: Die Rohstoffe waren kostspielig und wurde daher durch informelle Sammlung der Wiederverwertung zugeführt. Was Keramik betraf, aus der unter anderem Amphoren hergestellt wurden, war Recycling technisch nicht möglich. Das führte schon damals zu Müllbergen. Bis ins Mittelalter wurde fleißig gesammelt. Glasscherben finden sich bei Ausgrabungen erst ab dem 15. Jahrhundert. Deren Wiederverwertung hat sich damals vermutlich nicht ausgezahlt.
Auch die Wiederverwertung eines weiteren wichtigen Verpackungsmaterials ist schon fast 1000 Jahre alt: Als in Japan der Kaiserhof die Kontrolle über das Land verlor, wanderte die Papierproduktion vom Staat in private Hände. Auch in diesem Fall stellte es sich als ökonomisch vorteilhaft heraus, gebrauchtes Papier wieder aufzubereiten. Die erste urkundliche Erwähnung von Papierrecycling datiert daher aus dem Jahr 1031.
Ungezügeltes Wachstum
Nach 1700 setzte ein rapides Bevölkerungswachstum ein. Die Erfindung von Dampfmaschine & Co. führte zur Industrialisierung, diese wiederum zur Massenproduktion und damit pflanzte sie den Keim für die Wegwerfgesellschaft. Die Landflucht setzte ein und die Städte wuchsen. 1804 durchbrach die Weltbevölkerung die 1-Milliarde-Grenze. In der Folge entstanden erste Deponien und Müllverbrennungsanlagen. Wiederverwertung im industriellen Maßstab steckte hingegen noch in den Kinderschuhen, etwa in den USA: 1897 startete New York erste Mülltrennungseinrichtungen und 1904 wurde in Chicago das erste Recyclingwerk für Aludosen in Betrieb genommen.
Not macht erfinderisch
Treiber für das Recycling waren stets auch Kriege und ihre Folgen: Das reicht beim Zweiten Weltkrieg vom Einschmelzen von Kirchenglocken für die Waffenproduktion bis zur Wiedergewinnung von Baumaterial aus den Trümmern für den Wiederaufbau der zerstörten Städte. In der Nachkriegszeit kurbelte das Wirtschaftswunder den privaten Konsum an. Supermärkte entstanden und damit der Bedarf nach einzeln und hygienisch verpackten Waren. In den USA feierte das LIFE Magazine das neue Zeitalter mit der Story vom „Throwaway Living“. Rohstoffe und Energie waren billig und so startete etwa die deutsche Glasindustrie die Einwegkampagne „Ex und Hopp“. Viele Mehrwegsysteme wurden eingestellt und Flaschen landeten in der Mülltonne.
Krise und Umdenken
In den 1960er-Jahren liegen die Wurzeln der Umweltbewegung, 1970 wurde zum Europäischen Naturschutzjahr auserkoren und im selben Jahr entstand auch das international gebräuchliche Recycling-Symbol. Der Club of Rome konstatierte 1972 „Die Grenzen des Wachstums“ und schon ein Jahr später führte die erste Ölkrise dazu, dass die Bevölkerung den Gürtel enger schnallen musste. Mit Altpapier- und Altglassammlungen setzten abfallwirtschaftliche Aktivitäten in großem Maßstab ein. Anfang der 1980er-Jahre trug die Diskussion über das Waldsterben zur Bewusstseinsbildung bei. Im Wald hat der Begriff Nachhaltigkeit auch seinen Ursprung und besteht zu dem Zeitpunkt schon 270 Jahre.
Mit dem Grünen Punkt als Zeichen für das duale System geht etwa in Deutschland und Österreich Anfang der 1990er-Jahre die Verantwortung für die Sammlung von Verpackungen von den Gemeinden auf die Industrie über. Dies umfasst auch die Verpflichtung zur Wiederverwertung.
Status quo
Die nachfolgenden Ausführungen entstammen der „Bestandsaufnahme der Abfallwirtschaft“ des österreichischen Umweltministeriums. Demgemäß fielen 2018 in Österreich 1,41 Millionen Tonnen Verpackungsabfälle an, davon 41,7 Prozent Papier/Pappe/Kartonagen, 21,4 Prozent Kunststoff, 20,6 Prozent Glas und 4,5 Prozent Metall.
- Papier, Pappe und Kartonagen der Haushalte landen in Altpapiersammelbehältern. Das Altpapier wird für die Herstellung von Hygienepapier, Zeitungen, Drucksorten und Verpackungen aus Papier, Karton, Pappe und Wellpappe verwendet. Eingesetztes Papier, Pappe und Karton können mehrmals den Prozess von Produktion und Recycling durchlaufen, durchschnittlich sechsmal. Zu kurze Fasern werden gemeinsam mit Farbresten und sonstigen Verunreinigungen bei dem Produktionsprozess ausgeschieden.
- Zur Sammlung von gebrauchten Glasverpackungen stehen über 80.000 Sammelbehälter für Weiß- und Buntglas zur Verfügung. Das Altglas wird in den Glashütten mehreren Sortierprozessen unterzogen, Störstoffe und Verunreinigungen werden entfernt. Danach wird es gemeinsam mit den Glasrohstoffen Quarzsand, Kalk, Dolomit und Soda bei rund 1600 °C eingeschmolzen und für die Produktion neuer Glasverpackungen eingesetzt. Der Altglasanteil beträgt bei Grünglas bis zu 90, bei Weißglas bis zu 60 Prozent.
- Gesammelte Kunststoffverpackungen werden nach Kunststoffarten sortiert und Störstoffe werden entfernt. Im Anschluss werden sie zerkleinert, gewaschen, getrocknet, geschmolzen und zu Granulat verarbeitet. Dieses wird wieder als Rohstoff in der Produktion eingesetzt. Zu den hochwertigen Verwertungsverfahren zählt das Bottle-to-Bottle-Recycling, bei dem gebrauchte PET-Flaschen nach Farbsortierung und speziellem Reinigungsverfahren wieder zur Herstellung neuer PET-Getränkeflaschen eingesetzt werden. Unsortierte Verpackungskunststoffe können zerkleinert und zu groben Körnern agglomeriert werden, um einfach geformte Produkte wie Platten oder Rinnen herzustellen.
- Getrennt gesammelte Metallverpackungen werden in Sortieranlagen oder Schredder-Betrieben sortiert, Fremd- sowie Störstoffe werden abgeschieden. Die sortierten Metallverpackungen werden vollständig recycelt. Ferrometall wird als Rohstoff bei der Stahlerzeugung eingesetzt. Aluminiumverpackungen werden durch Handsortierung oder mit Hilfe von Wirbelstromabscheidern aussortiert. Aluminium ist unbegrenzt wiedereinsetzbar und verwertbar, ohne seine spezifischen Eigenschaften wie Leitfähigkeit oder Verformbarkeit zu verlieren.
Reduce, Reuse, Recycle
Was bringt die Zukunft? Die 1994 und 2018 von der Europäischen Union beschlossenen Verpackungsrichtlinien dienen unter anderem der Müllvermeidung und dem Übergang zur Kreislaufwirtschaft. Damit einher gehen verbindliche Recyclingquoten für die Mitgliedsstaaten. Das Bewusstsein der Öffentlichkeit ist also geschärft. Es gilt, Verpackungen zu vermeiden, etwa durch Maßnahmen gegen die Lebensmittelverschwendung (Reduce) und die Einführung ökologisch sinnvoller Mehrwegsysteme (Reuse). Zudem gilt es, Wertstoffe durch Trennung und Sammlung konsequent der Wiederverwertung (Recycle) zuzuführen.
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