Welche Folgen hat die Coronakrise für die Verpackungsbranche?
Die Coronapandemie hat weitreichende Auswirkungen auf das Leben von Millionen von Menschen. Durch die Einschränkung der Kontakte auf ein Minimum verändern sich nicht nur Arbeitsalltag und Mobilität, sondern auch das gesellschaftliche Leben ganz maßgeblich. Über mögliche Auswirkungen dieser Situation auf die Verpackungsbranche hat Alexandra Dittrich, Senior PR & Corporate Communications Expert bei ALPLA, mit Univ.-Doz. Mag. Dr. Manfred Tacker, Fachbereichsleiter Verpackungs- und Ressourcenmanagement an der FH Campus Wien, gesprochen.
Herr Tacker, viele Länder haben rigorose Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus getroffen. Statt im Restaurant zu Abend zu essen, kochen wir nun zu Hause und den After-Work-Drink genießt man nicht in der Bar, sondern auf der Couch. Viele Konsumenten verzichten auf den täglichen Einkauf und gehen maximal einmal wöchentlich in den Supermarkt. Selbst wenn man Hamsterkäufe außen vor lässt – das alles stellt doch das Konsumentenverhalten ganz ordentlich auf den Kopf.
Ja, und damit rücken wichtige Funktionen von Verpackungen wieder mehr in den Fokus der Konsumenten. Insbesondere Hygiene und Haltbarkeit haben jetzt einen hohen Stellenwert. Kurzfristig betrachtet kann man von einer Art Trendumkehr sprechen: Wo der Handel zuletzt auf Verpackungen verzichtet hat, werden sie auf einmal wieder eingesetzt, um Lebensmittel vor Kontamination zu schützen, den sicheren Transport zu ermöglichen und eine optimale Haltbarkeit der Produkte zu gewährleisten.
Die Versorgung mit sauberem Trinkwasser ist in Europa weitgehend gesichert, aber das gilt ja nicht für alle Länder weltweit. Welche Veränderungen sehen Sie am Getränkemarkt?
In manchen Ländern geraten Mehrwegsysteme unter Druck. Die Leute kaufen mehr Getränke ein und lagern insbesondere Mineralwasser auf Vorrat ein. Mehrwegflaschen zirkulieren also langsamer und den Poolsystemen fehlen die Flaschen zum Wiederbefüllen. In Deutschland haben Unternehmen Konsumenten schon dazu aufgerufen, leere Flaschen wieder zurückzubringen. Mit Einwegflaschen kann man rascher auf Nachfrageschwankungen reagieren und den Bedarf in außergewöhnlichen Situationen flexibler decken.
Werden sich die Folgen der Krise vielleicht sogar auf die Verpackungsdiskussion auswirken und diesem Top-Thema den Wind aus den Segeln nehmen?
Der Trend zur Nachhaltigkeit bei Verpackungen ist meiner Meinung nach sehr stabil, das wird auch die aktuelle Krise nicht umkehren können. Aber Konsumenten erkennen jetzt in der Hygiene einen wichtigen Wert, der vorher nicht so dringlich war. Und Verpackungen ermöglichen genau das – davon könnten bestimmte Verpackungstypen durchaus profitieren.
Gibt es auch Bereiche, in denen Sie langfristige Auswirkungen sehen?
In den Bereichen Wertschöpfungskette und Liefersicherheit erwarte ich am ehesten ein langfristiges Umdenken. Regierungen und Unternehmen werden sich vermehrt damit auseinandersetzen, wie man Versorgungsketten krisenfester gestalten kann. Wer hätte vor einigen Wochen geschlossene Grenzen in der Europäischen Union für möglich gehalten? Das spricht für lokale Produktion und regionale Partnerschaften.
Gerade hier kann eine funktionierende Kreislaufwirtschaft einen Beitrag leisten. Wenn Wertstoffe im Kreislauf gehalten werden können, gebrauchte Verpackungen recycelt und wieder zu neuen Verpackungen verarbeitet werden können, dann reduziert das die Abhängigkeit von internationalen Rohstofflieferungen. Wenn das auf regionaler Ebene gut funktioniert, hat man die Ressourcenversorgung besser unter Kontrolle und ist zum Beispiel nicht ausschließlich auf importiertes „Virgin Material“ angewiesen. Wie wir wissen, funktioniert das bei PET bereits, hier sind geschlossene Kreisläufe mit den verfügbaren Technologien gut machbar. Wenn man dieses Argument eines gut recycelbaren Materials mit den ökologischen Vorteilen einer Verpackungslösung verknüpfen kann, wie das bei PET-Flaschen der Fall ist, dann dürfte das in Zukunft ein attraktives Gesamtpaket darstellen.
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