14. Juli 2022

Missverständnis EU-Kunststoffabgabe: Vorschläge für eine faire und nachhaltige Umsetzung

Seit Anfang 2021 zahlen die EU-Mitgliedsstaaten hohe monatliche Abgaben an die EU. Der Betrag bemisst sich an der Menge nicht recycelter Kunststoffverpackungen. Wegen undurchdachter nationaler Umsetzungen der Abgabe und die ausschließliche Konzentration auf Kunststoffe droht nun ein Fiasko für die Kreislaufwirtschaft. Wir von ALPLA setzen uns für eine Lizenzgebührenlösung ein, die alle Verpackungsmaterialien gleichbehandelt und Anreize für Investitionen ins Recycling schafft.

Recycling

Was auf den ersten Blick einleuchtend klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als großer Irrtum: Die seit 1. Jänner 2021 geltende EU-Kunststoffabgabe führt keineswegs zu weniger Abfällen oder recyclingfähigeren Verpackungen. Die milliardenschweren Mehrausgaben zur Deckung der Haushaltslücke nach dem Brexit führen in zahlreichen EU-Mitgliedsstaaten zu verschiedenen Umlageansätzen. Über nationale (Einweg-)Kunststoffsteuern soll die Industrie künftig für die Kosten aufkommen – ohne nachweisbaren ökologischen Nutzen und mit negativen Folgen für die Kreislaufwirtschaft.

Der Druck auf die Hersteller verhindert nicht nur Investitionen ins Recycling und die dafür erforderliche Infrastruktur, sondern führt aufgrund der einseitigen Konzentration auf Kunststoffe auch zu gegenteiligen Effekten. „Schon heute ersetzen einige Unternehmen aufgrund der aktuellen Regelung recyclingfähige Kunststoffverpackungen durch ökologisch nachteilige Verbundmaterialien aus Papier und Kunststoff oder schwerere Verpackungsmaterialien. Diese sind nur bedingt recyclingfähig oder verursachen bei der Produktion und Lieferung einen weit höheren CO2-Fußabdruck“, erklärt Sebastian Lemp, Circular Economy Specialist bei ALPLA.

Ein Vorgehen wie das genannte führt zwar zu niedrigeren Kunststoffanteilen und günstigeren Preisen, mindert jedoch den allgemeinen Recyclinganteil aller Verpackungen und schadet so der Kreislaufwirtschaft. „Der kurzsichtige Tunnelblick auf ein Material hat eine schlechtere CO2-Gesamtbilanz zur Folge. Damit kommen wir unseren Klimazielen nicht näher. Gut gemeint ist alles andere als gut gemacht“, schildert Lemp die Problematik. Abhilfe verspricht eine an definierte Umweltkriterien geknüpfte Verpackungsabgabe.

Sebastian Lemp

"Der kurzsichtige Tunnelblick auf ein Material hat eine schlechtere CO2-Gesamtbilanz zur Folge. Damit kommen wir unseren Klimazielen nicht näher. Gut gemeint ist alles andere als gut gemacht."

Sebastian Lemp, Circular Economy Specialist bei ALPLA.

Anreize schaffen statt undifferenziert besteuern

Bis 2030 sollen in der EU alle Kunststoffverpackungen vollständig recycelbar sein und mit bis zu 30 Prozent Recyclinganteil hergestellt werden. ALPLA möchte diese Ziele gemeinsam mit seinen Kunden bereits 2025 erreichen. Doch dazu braucht es die passenden Rahmenbedingungen. „Undifferenzierte Besteuerung verhindert Innovationen. Sie verlagert lediglich Probleme aus dem Sichtfeld. Es braucht vielmehr Anreize, um in die Weiterentwicklung kreislauffähiger Verpackungen und den Ausbau der Recyclinginfrastruktur zu investieren“, betont Lemp.

Eine Möglichkeit dafür sind sogenannte Lizenzentgelte wie die EPR-Gebühren (EPR = Extended Producer Responsibility). Damit leisten Verpackungshersteller in den meisten EU-Staaten bereits heute einen essenziellen finanziellen Beitrag zur Förderung des Recyclings. Die geeignete Lösung für die nationale Umsetzung der EU-Kunststoffabgabe führt über die Modellierung solcher EPR-Gebühren für alle Verpackungsmaterialien. Dabei werden ökologische Kriterien wie die Recyclingfähigkeit, der Anteil an Recyclingmaterial sowie der CO2-Fußabdruck der jeweiligen Verpackungen geprüft und entsprechend beziffert.

Je besser die Verpackung abschneidet, desto geringer die Kosten für den Hersteller – unabhängig vom Material. Diese Form der Ökomodellierung schafft finanzielle Anreize für die Entwicklung umweltfreundlicher, recyclingfähiger Verpackungen mit hohem Recyclinganteil. „Die Gleichbehandlung ist die Basis für einen fairen Wettbewerb und fortschrittliche Lösungen“, ist Lemp überzeugt. Der Ansatz bietet noch einen weiteren Vorteil: Im Gegensatz zur derzeit praktizierten zweckfreien Abgabe könnten die Einnahmen aus den EPR-Gebühren direkt in die Verbesserung der Sammel- und Sortiersysteme fließen.

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