30. Juli 2024

Sport und Kunststoff: Was Athleten über Nachhaltigkeit wissen sollten

Rund 100 olympische Athleten fordern in einem offenen Brief an die wichtigsten Sportsponsoren im Getränkesektor, Einwegkunststoff durch Mehrwegverpackungen zu ersetzen. Mit Hilfe der beiden Experten Chris DeArmitt, Präsident von Phantom Plastics und einer der weltweit führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet der Kunststoffe, und Joseph Tayefeh, Generalsekretär der europäischen Vereinigung Plastalliance, zeigt ALPLA auf, dass diese Forderungen nicht immer zielführend sind – insbesondere für Sportler.

PET bottle in front of the shoes of an athlete

Sind die Forderungen sinnvoll?

Rund 100 Athleten, die derzeit bei den Olympischen Sommerspielen im Paris an den Start gehen, fordern in einem offenen Brief große Sportsponsoren aus dem Getränkesektor auf, Einwegkunststoff zu reduzieren. Die Sportler begründen ihre Forderung damit, dass Kunststoffe die Umwelt belasten und sich zudem negativ auf die Gesundheit auswirken. Als Lösung sollen wiederverwendbare Verpackungen eingesetzt werden. Um Klarheit in diese Thematik zu bringen, hat ALPLA gemeinsam mit den Experten Chris DeArmitt, Präsident von Phantom Plastics und einer der weltweit führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet der Kunststoffe, und Joseph Tayefeh, Generalsekretär der der europäischen Vereinigung Plastalliance, die Argumente des Briefes genauer unter die Lupe genommen.

Ohne Kunststoffe gäbe es keine Olympischen Spiele

Zunächst muss man sich vor Augen führen, dass die Olympischen Spiele und der Sport, wie wir ihn kennen, ohne Kunststoffe nicht möglich wären. Denn in Tennisschlägern, Schwimmbrillen, Bällen, Sportschuhen und vielem mehr werden Kunststoffe aus fossilen Rohstoffen verwendet, ohne dass sich die Sportler oder diverse NGOs daran stören. Was jedoch stört, sind nachweislich nachhaltige Einwegverpackungen, die nicht nur zu 100% recycelbar sind, sondern auch zu 100% aus Recyclingmaterial hergestellt werden können. Aus der Tatsache, dass nur 9% des gesamten Plastikmülls recycelt werden, zu schließen, dass Recycling nicht funktioniert, ist falsch, wie Joseph Tayefeh betont: „Laut den NGOs würde Recycling das Problem der Plastikverschmutzung nicht lösen? Wenn mehr als 70 Prozent des weltweiten Plastiks für das Recycling gesammelt würden und es immer noch so viel Plastikverschmutzung in der Natur gäbe, könnten wir sagen, dass Recycling nicht funktioniert. Aber bei 9% haben wir mit dem Recycling noch gar nicht richtig angefangen“.

Chris DeArmitt fügt hinzu, dass die von den Athleten erwähnte Plastikverschmutzung von Wissenschaftlern als Abfall identifiziert wurde, der von Menschen verursacht wird und nicht durch das Material selbst oder direkt durch Unternehmen: „Die Lösungen für zu viel Müll sind Aufklärung, Pfand und Bußgelder. Einzelne Unternehmen zu beschuldigen, ist dagegen kontraproduktiv“. Laut den Recherchen und Analysen von Chris DeArmitt gibt es bisher auch keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass Kunststoff die Gesundheit beeinträchtigt. "Kunststoffe, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, werden ausgiebig getestet und von den entsprechenden Behörden für Lebensmittelsicherheit, wie der FDA in den USA, zugelassen".

Kunststoffe sind Teil der Lösung

In dem offenen Brief werden auch die Klimakrise und Plastik in den Meeren als Negativbeispiele genannt. Eine Umstellung auf wiederverwendbare Kunststoffe löst diese Probleme jedoch nicht. Denn Verbraucherkunststoffprodukte machen nur 0,03 Prozent des Gewichts der Kunststoffe in den Meeren aus. „Der Fokus sollte auf der tatsächlich nachgewiesenen Bedrohung liegen, nämlich den weggeworfenen Netzen der Fischereiindustrie“, zeigt DeArmitt die Hauptverursacher des Problems auf. Und wenn es um den Klimawandel geht, sind Kunststoffe ein wichtiger Teil der Lösung, wie DeArmitt weiter ausführt: „Die Produktion von Kunststoffen verursacht etwa zwei Prozent der Treibhausgase, aber die Verwendung von Kunststoffen reduziert die Treibhausgase um weit mehr als diese Menge, zum Beispiel durch die Gewichtsreduzierung von Fahrzeugen oder die Verringerung von Lebensmittelabfällen. Das Ersetzen von Kunststoffverpackungen erhöht in 93 Prozent der untersuchten Fälle die Treibhausgase und führt zudem zu einem drei- bis viermal höheren Materialverbrauch und Abfall“.

Mehrweg im Sport birgt Gefahren

Mehrwegverpackungen sind oft eine gute Alternative und in Bezug auf den CO2-Fußabdruck in vielen Fällen nachhaltiger als Einwegverpackungen. Doch gerade im Sport birgt diese Alternative eine Gefahr, die oft nicht bedacht wird: Doping. Nachdem die Organisatoren der Spiele zunächst auf eine „Zero-Plastics“-Veranstaltung gehofft hatten, drängten sie daher schon 2023 auf eine Ausnahmeregelung für die Verwendung von Einweg-PET-Flaschen: „Viele olympische und paralympische Komitees, internationale Verbände sowie aktuelle und ehemalige Spitzensportler haben ihre ernsthafte Besorgnis zum Ausdruck gebracht, falls Paris 2024 keinen Zugang zu versiegelten, individuellen Flaschen bietet, die alle erforderlichen Sicherheitsbedingungen garantieren. Aufgrund der Art der Verfahren und der spezifischen Bedingungen für die Lebensmittelsicherheit und die physische Sicherheit können diese Behälter nur aus Kunststoff sein. ... Diese Vorsichtsmaßnahme zielt darauf ab, Gesundheitsrisiken durch die Kontamination von Getränken zu vermeiden und eine größere Integrität für Anti-Doping-Tests zu gewährleisten.“

Der Wissenschaft vertrauen

Die Hersteller und Inverkehrbringer von Kunststoffprodukten als Verursacher zu beschuldigen und von ihnen zu verlangen, das Problem zu lösen, ohne selbst einen Beitrag zu leisten, ist oft der einfachste Weg. Besser wäre es, das Problem an der Wurzel zu packen, wie Joseph Tayefeh betont: „Was verschmutzt, ist das Fehlen eines Abfallmanagements in den Ländern, in denen der Müll auf die Straße geworfen wird. Was verschmutzt, ist die Unhöflichkeit mancher Verbraucher in vielen Ländern mit funktionierenden Sammelsystemen. Deshalb erwarten wir von NGOs, dass sie sich für Themen einsetzen, bei denen alle zustimmen sollten: Deponierung verbieten, Verbrennung reduzieren und Recycling fördern, denn auch wiederverwendbare Plastikverpackungen oder Plastikbehälter müssen irgendwann recycelt werden, und zwar mit den gleichen Verfahren wie Einwegplastikprodukte“.

Und Chris DeArmitt gibt den Verfassern des Offenen Briefes noch eine abschließende Botschaft mit auf den Weg: „Plastik zu vermeiden, bedeutet laut zahlreicher Lebenszyklusstudien aus aller Welt, die sich über Jahrzehnte erstrecken, massiv mehr Schaden anzurichten. Lasst uns eine bessere Zukunft auf der Basis von echter Wissenschaft schaffen und nicht Forderungen nachgeben, die auf keinerlei Beweisen basieren“.

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